Umsonst runterladen. Oder: Versuch der Übersetzung der Positionen zum Urheberrecht der Piraten in einfache und jedermann verständliche Worte

Vielleicht haben manche von euch schon wie neugierige kleine Kitzlein die Website der Piraten besucht und dort mit kleinen feuchten Schnäuzlein gewühlt im spannenden Dickicht der offiziellen Parteiverlautbarungen. Was ist denn nun genau die Position der Piraten zum Urheberrecht? Denn irgendwo wollen sie es so wie es ist nicht, aber auch nicht gar nicht. Klingt kompliziert?
Das mag daran liegen, dass die Parteithesen in etwas verfasst sind, was man allgemeinhin als „Informatikerdeutsch“ versteht. Das versteht nicht jeder!

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Daher hier mein freundlicher Übersetzungsdienst (in kursiv) für die Positionen zum Urheberrecht, so wie veröffentlicht auf der offiziellen Piratenwebsite:

Der uralte Traum, alles Wissen und alle Kultur der Menschheit zusammenzutragen, zu speichern und heute und in der Zukunft verfügbar zu machen, ist durch die rasante technische Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte in greifbare Nähe gerückt. Wie jede bahnbrechende Neuerung erfasst diese vielfältige Lebensbereiche und führt zu tief greifenden Veränderungen.(…) Die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Urheberrechts beschränken jedoch das Potential der aktuellen Entwicklung, da sie auf einem veralteten Verständnis von so genanntem “geistigem Eigentum” basieren, welches der angestrebten Wissens- oder Informationsgesellschaft entgegen steht.

Hmm, vielleicht kann man all dies auch in einem einzigen Satz sagen. Geht es? Es geht:

„Da es jetzt endlich möglich ist, ganz viele Sachen runterzuladen, finden wir es doof, wenn man dies in irgendeiner Weise beschränkt.“

Na seht ihr? Geht doch. Schon ist diese wichtige Position im Piraten-Parteiprogramm jedermann verständlich, auch dem normalen „User“.

weiter im Text:

Systeme, welche auf einer technischen Ebene die Vervielfältigung von Werken be- oder verhindern (“Kopierschutz”, “DRM“, usw.), verknappen künstlich deren Verfügbarkeit, um aus einem freien Gut ein wirtschaftliches zu machen. Die Schaffung von künstlichem Mangel aus rein wirtschaftlichen Interessen erscheint uns unmoralisch, daher lehnen wir diese Verfahren ab.

Darüber hinaus behindern sie auf vielfältige Art und Weise die berechtigte Nutzung von Werken, erschaffen eine vollkommen inakzeptable Kontrollierbarkeit und oft auch Überwachbarkeit der Nutzer und gefährden die Nutzung von Werken durch kommende Generationen, denen der Zugang zu den heutigen Abspielsystemen fehlen könnte.

Zusätzlich stehen die gesamtwirtschaftlichen Kosten für die Etablierung einer lückenlosen und dauerhaft sicheren Kopierschutzinfrastruktur im Vergleich zu ihrem gesamtwirtschaftlichen Nutzen in einem extremen Missverhältnis. Die indirekten Folgekosten durch erschwerte Interoperabilität bei Abspielsystemen und Software erhöhen diese Kosten weiter.

Raucht euch der Kopf? Mir schon. All das heißt aber letztlich nichts anderes als:

Wenn man etwas auf CD veröffentlicht, kann es sein, dass man in 200 Jahren nicht mehr weiß, wie man die abspielen kann. Daher sollte man es lieber gleich umsonst herunterladen dürfen.

Das ist natürlich eine klare und unmissverständliche Position, die jedermann sofort verstehen kann. Vor allem die, die sich umsonst etwas herunterladen, denn das sind Helden, die allein schon mit diesem hochrevolutionären Akt eine bessere Gesellschaft begründen werden.

Und was wünschen sich die Piraten zum Thema „Freies Kopieren und freie Nutzung“?

Da sich die Kopierbarkeit von digital vorliegenden Werken technisch nicht sinnvoll einschränken lässt und die flächendeckende Durchsetzbarkeit von Verboten im privaten Lebensbereich als gescheitert betrachtet werden muss, sollten die Chancen der allgemeinen Verfügbarkeit von Werken erkannt und genutzt werden. Wir sind der Überzeugung, dass die nichtkommerzielle Vervielfältigung und Nutzung von Werken als natürlich betrachtet werden sollte und die Interessen der meisten Urheber entgegen anders lautender Behauptungen von bestimmten Interessengruppen nicht negativ tangiert(…)
Daher fordern wir, das nichtkommerzielle Kopieren, Zugänglichmachen, Speichern und Nutzen von Werken nicht nur zu legalisieren, sondern explizit zu fördern, um die allgemeine Verfügbarkeit von Information, Wissen und Kultur zu verbessern, denn dies stellt eine essentielle Grundvoraussetzung für die soziale, technische und wirtschaftliche Weiterentwicklung unserer Gesellschaft (…) dar.

Äh, ok. Heißt das alles denn eigentlich letztlich nichts anders als….

„Etwas umsonst runterzuladen ist das natürlichste von der Welt, daher lieber gleich mal eben erlauben.“

Ja klar, schon seit Ewigkeiten lädt, beziehungsweise holt sich die Menschheit was runter. Die natürlichste Sache der Welt ist das!

Was passiert dann mit den Urhebern?

Wir sehen es als unsere Verantwortung, die Schaffung von Werken, insbesondere im Hinblick auf kulturelle Vielfalt, zu fördern. Positive Effekte der von uns geforderten Änderungen sollen im vollen Umfang genutzt werden können. Mögliche, aber nicht zu erwartende, negative Nebenwirkungen müssen bei deren Auftreten nach Möglichkeit abgemindert werden.

Also im Klartext: „Wer vervielfältigt, schafft Vielfalt“. Naja, wär ja schon mal ein guter Slogan irgendwie.

Und was ist jetzt den Piraten am allerwichtigsten im Urheberrecht, so wichtig, dass sie es an den Schluss ihrer Verkündungen stellen?

Wir erkennen die Persönlichkeitsrechte der Urheber an ihrem Werk in vollem Umfang an. Die heutige Regelung der Verwertungsrechte wird einem fairen Ausgleich zwischen den berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Urheber und dem öffentlichen Interesse an Zugang zu Wissen und Kultur jedoch nicht gerecht. Im Allgemeinen wird für die Schaffung eines Werkes in erheblichem Maße auf den öffentlichen Schatz an Schöpfungen zurückgegriffen. Die Rückführung von Werken in den öffentlichen Raum ist daher nicht nur berechtigt, sondern im Sinne der Nachhaltigkeit der menschlichen Schöpfungsfähigkeiten von essentieller Wichtigkeit.

Nachdenk, Nachdenk, rauch, rauch. Was will uns das sagen, was will es uns raten?

Letztlich dann doch dies:

„Es wäre total wichtig, dass alle alles umsonst runterladen dürfen.“

Und mit dieser tiefgründigen Weisheit entlasse ich euch alle freundlich in den späten und winterlich verschneiten Abend, liebe Leser des Bad Blogs.

Moritz Eggert

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5 Antworten

  1. wechselstrom sagt:

    Ergänzung zur 2D-Piratenwelt:
    Diebstahl gibt es nur deshalb, weil ein (veraltete) Strafrecht das so formuliert.
    Wir sind dafür, solch repressive Paragrafen zu streichen.

    Und wer Geldscheine kopiert, nimmt ja auch niemandem etwas weg, ODER??
    Die künstliche Verknappung der Zahlungsmittel hat bereits ganze Staaten an den Rand des Ruins getrieben! JAAA!

  2. jan erik sagt:

    hatte gehofft, hier mehr als flache polemik zum thema zu finden… leider vergeblich.
    es ist wirklich sehr beklagenswert, dass wir uns zum thema urheberrecht in einer zwickmuehle wie „wenn nicht kapitalismus, dann ist es kommunismus“ wiederfinden. das ist unproduktiv, weil es eine wirkliche diskussion verhindert (wenn auch, wie das beispiel kapitalismus/kommunismus, sicher nicht ungewollt) und nutzt nur denjenigen, die am status quo verdienen, sprich vor allem multinationale corporations und deren lakaien, nicht aber produzierenden oder nutzenden. copyright ist schlichtweg etwas anderes in einer digitalen welt, in der es weder originale noch ein wirkliches produkt gibt, und je länger wir diese einsicht mit platten floskeln verhindern, desto kleiner werden die handlungsspielräume, gerechtere lösung zu wohle aller zu entwickeln.

  3. wechselstrom sagt:

    „copyright ist schlichtweg etwas anderes in einer digitalen welt“

    1. sollte man das amerikanische copyright nicht mit dem europäischen Urheberrecht vermischen/verwechseln/gleichsetzen, um dann vielleicht in der Folge etwas von „fair use“ zu faseln – das gibt es bereits im europ. Urheberrecht, während es bei den amerik. copyright-Prinzipien erst gerichtlich erstritten werden musste.
    2. sollte man Rechtsnormen und Technologie nicht in einen Topf werfen – Musik wird immer noch analog gehört; wenn jemand Spaß daran hat, Nullen und Einsen zu lesen, dann soll er die ausdrucken und genießen.
    3. Sie erwerben mit dem Kauf eines Songs nicht die Musik, ebenso wie sie mit dem Kauf der Software nicht das Programm erwerben, sondern nur ein eingeschränktes Nutzungsrecht.
    4. Sie haben nicht die geringste Berechtigung über die Musik anderer Leute zu bestimmen.
    5. Sie haben auch nicht das Recht in Museen, bei Konzerten oder sonstigen Veranstaltungen Aufnahmen (Fotos oder Ton oder Film) zu machen.

    „und nutzt nur denjenigen, die am status quo verdienen, sprich vor allem multinationale corporations und deren lakaien“.

    Am status quo der digitalen Welt verdient leider kein einziger Komponist etwas – und die multinationalen Corporations heißen hier Google, YouTube (ist der gleiche Konzern) Facebook und all die anderen sog. „Tausch“-Börsen, die mit Werbung, aufgesetzt auf die kreative Leistung anderer, Millionen verdienen, von denen beim Künstler bestenfalls 2,50 Euro pro 10.000 Downloads hängenbleiben.
    Es kann nur die „Geiz-ist-geil“-Mentalität der Grund dafür sein, warum Leute wie die Piraten auf Künstler trampeln, und sich zum Lakeien von Google und Co machen.

    „und je länger wir diese einsicht mit platten floskeln verhindern, desto kleiner werden die handlungsspielräume, gerechtere lösung zu wohle aller zu entwickeln“

    Sorry, mit Leuten, die Künstlern die Lebensgrundlage nehmen kann es keine Diskussion geben. Die Flatrate produziert keine Kunst sondern Gefälligkeiten – das kann niemand spannend finden.

  4. Ich könnt’s nicht besser sagen, wechselstrom.
    Der Punkt ist ja letztlich der: Die ganze Piratenrhetorik schadet vor allem den Organisationen, die sich ja tatsächlich für den „kleinen“ Urheber einsetzen und eben nicht für die „multinationalen corporations“ stehen – z.B. eben die GEMA. google und co freut’s natürlich wenn sie einerseits keine Urheberrechte zahlen müssen, und andererseits fröhlich ihre Werbeeinnahmen kassieren für etwas, dass ihnen von Millionen von Usern kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Hier für mehr Gerechtigkeit zu sorgen heißt solidarisch mit den Verwertungsgesellschaften zu sein.
    Wo Jan Erik vollkommen recht hat ist die Tatsache, dass unsere Abrechnungsmethoden hoffnungslos veraltet sind, was die Internetnutzung und digitale Kopien angeht. Es muss möglich sein, hier Modelle zu schaffen, die weniger den Konzernen als den Urhebern nutzen, denn das wäre ja letztlich die große Chance des Internets. Hier ist dringender Handlungsbedarf, keine Frage, denn die bisherigen „Flat“-Modelle bringen keinerlei Gerechtigkeit, sondern nützen nur den Konzernen, gegen die sich die Piraten ja eigentlich wenden wollen. Will sagen: die Freibeuter-Kopier-Piratenmentailität schadet den Urhebern immens, google aber aber überhaupt nicht.
    Die GEMA aber ist kein Konzern, sondern die Urheber selber. Das wird immer wieder vergessen…

  5. wechselstrom sagt:

    Lieber Moritz,

    ja die GEMA mag einiges nachzuholen haben, was Abrechnungsmethoden betrifft. Auch sind bereits Modelle in Schwung gekommen, die es potentiellen Anbietern erlauben, bei einer europaweiten oder weltweiten Lizensierung nicht 120 Verwertungsgesellschaften einzeln kontaktieren zu müssen.

    Normal aber wäre, dass der Google-Konzern zur Gema und den anderen geht und um eine praktikable Durchführung ansucht und nicht umgekehrt. Googles Politik läuft darauf hinaus, zunächst Tatsachen zu schaffen und dann zu warten, bis jemand Klage einlegt, der wird dann mit den berühmten Google-Tafeln („das tut uns leid“) verunglimpft.

    Die Technologie ist bereits so weit, dass eine Einzelabrechnung problemlos möglich ist – was macht Google? _ Sie lügen uns was vor, damit sie Ihre Flatrate durchsetzen können, um jede stichprobenartige Kontrolle zu verhindern und um eine gerechte Verteilung zu verhindern.
    Und klar doch: wer, wo, wann, wie oft gehört werden wird, das bestimmt a la long der google-Algoritmus – und wenn jemand nicht deren Advertising-Programm kauft, dann wir er halt entsprechend algoritmisch „sonderbehandelt“.

    Die gesellschaftspolitische Naivität der digital Nativs und ihrer Politorga ist da schon haarsträubend.

    Ärgerlich auch die Stimmungsmache, die selbst von Zeitungen vertrieben wird;
    zuletzt vom Stern und ein besonders krasses Beispiel von MedienLüge:
    „Gema lässt Youtube-Videos von Meteoritenabsturz sperren“hier

    So etwas geht gerne herum wie ein Lauffeuer, die Disco-Branche organisiert eine Demo („GEMA macht unsere CrazyAlm zu“) und die Piraten stellen sich sofort in eine Reihe als Politfunktionäre für die Anliegen goldkettenbehängter Dikotheken-Chefs.
    Eine Disco ohne Musik ist auch nur eine Betonschüssel in der Alk ausgeschenkt wird.

    Beste Grüße aus Wien
    wechselstrom

    P.S: Hat der Dauershitstorm auf die GEMA-Seite inzwischen aufgehört? – Das Verhalten der Anonymus-Terroristen kostet uns Komponiten 100.000Euro an Server-Reparaturkosten.