Hochschulorchester & Neue Musik – Making-Of meiner NMZ-Recherche für das NMZ-Hochschulmagazin

Im letzten Herbst befasste ich mich hier bereits einmal mit der Situation der Möglichkeiten für Komponistionsstudenten mit ihren Hochschulorchestern zu arbeiten bzw. wie diese selbst mit zeitgenössischer Musik umgehen. Das war begrenzt, so durfte ich das für die Dezemberausgabe der NMZ ausweiten. Zuerst graste ich nochmals das Internet ab und suchte z.B. Konzerthistorien der Orchester und Studienordnungen. Einige Hochschulen sind darin extrem transparent, andere in ihrem Online-Auftritt grässlich verschnarcht. Anfang November schrieb ich dann die infrage kommenden Musikhochschulen an und bat um die kurze Beantwortung folgender Fragen:

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1.) Könnten Sie mir kurz das Orchesterprogramm der letzten beiden Jahre und des Studienjahres 2012/13 bes. in Bezug auf Neue Musik durchgeben?

2.) Könnten Sie mir unabhängig von 1.) knapp folgende Fragen beantworten, unabhängig von ggf. bestehenden Ensembles für Neue Musik Ihrer Hauses?

– Spielt das Orchester auch Werke von KompositionsstudentInnen Ihrer Hochschule? Wenn NEIN, warum?

– Gehört Neue Musik zum Programm der Mehrzahl Ihrer Konzerte? Wenn NEIN, warum?

– Findet Neue Musik nur in speziellen Projekten ihren Platz?

Ich setzte dafür wenige Tage an, um danach ggf. noch Originalstimmen zu sammeln. Wenigen war das zu knapp, rangen sie allein schon nach Luft mir die Konzertprogramme der letzten beiden Jahre durchzugeben. Andere verwiesen mich zurück auf ihren Onlineauftritt, weitere antworteten sogar direkt informativ durch ihren Präsidenten. Manche konnten nur  Trauriges berichten und servierten mir dennoch sofort Statements der Orchesterleiter und des Kompositionschefs wie z.B. Weimar, eine andere Pressestelle einer West-HfM, die immerhin an einem laufenden Opernkompositionswettbewerb beteiligt ist, gab zwar einen negativen Überblick durch und beharrte darauf, dass die Hochschule namentlich nicht erwähnt würde. Ich ging darauf den Orchesterprofessor direkt an, der bis heute schweigt, erhielt vom Kompositionsdekan eine wahrlich redliche Antwort.

Hochschulen wie die Düsseldorfer, Saarbrücker, Kölner und viele weitere beantworteten flugs, freudig und umfassend, aus Dresden kam wie o.g. sogar ein feines Bild durch den Hochschulpräsidenten zustande! Mit weiteren Stimmen von Studenten ergab sich ein differenziertes Bild, wie es die föderale Struktur immer wieder hervorbringt, als ob ein Berliner auf einem anderen Planeten lebte wie der in Essen. Zwar geben viele Hochschulen den Kompositionsstudenten immerhin Ensembles zum Ausprobieren an die Hand, meiden aber die Orchester Musik der zweiten Hälfte des 20. Jhds. ausser spärlichen soften Ausflügen. Geradezu bizarr die Hinweise mancher Orchesterchefs, dass ihre Schäflein nur Traditionelles spielen sollen, da es im Beruf nicht anders sei. Da verkennen sie aber die Situation draussen! Ja, manches B, C-Orchester mag nur Repertoire pflegen. Aber sollte sich eine Hochschule nicht an den A-Orchestern bzw. all denen orientieren, die auf hohem Niveau ein breites Spektrum pflegen? Oder gibt es eben doch auch eine A-, B-, C-, ja D-Orchesterausbildung? Bemerkenswert wie gerade diese mauernden HfM-Orchesterchefs manchmal brucknernde oder mahlerische Selbstverwirklichung betreiben, da sie wohl nicht allzu oft an beste Profiorchester ran dürfen. Aber selbst ultrakonservative Thielemänner haben bis vor kurzem sogar einen lebenden Capellkomponisten als Composer-in-Residence gehegt. Es scheint an einigen HfMen somit eher um Vorlieben als eine möglichst objektive und breite Ausbildung zu gehen. Hier ist mein genaues Ergebnis nun endlich barrierefrei zu finden, bitte klicken.

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Eine Antwort

  1. Stefan Drees sagt:

    Besten Dank an Alexander Strauch für diesen sehr interessanten und aufschlussreichen Artikel. Aus der Nähe betrachtet wird es bei den einzelnen Hochschulen wohl noch differenzierter aussehen. Beispielsweise gibt es hier in Essen die DMA = Differenzierte Musikerausbildung , d.h. die Studierenden müssen sowohl alte als auch neue Musik aufführen bzw. belegen, um ihr musikalisches Profil – wie es sinngemäß in der Studienordnung heißt – in alle heute benötigten Richtungen zu erweitern. Das kann im Rahmen der optionalen Studien geschehen und dann Kammermusik oder auch die Teilnahme am Ensemble Folkwang Modern und damit an Konzerten jenseits der Orchesteraufführungen bedeuten. Außerdem werden für Orchesterprojekte immer auch Profis engagiert. So hat beispielsweise kürzlich Johannes Kalitzke mit dem Hochschulorchester Nonos „Como una ola“ erarbeitet.