Kann man aus der Neuen Musik austreten?

Nachdem Arno Lücker schon die Initiative „Ausstieg Neue Musik e.V.“ gegründet hat (anscheinend quillt das Postfach schon über mit Enitrittsgesuchen) und es inzwischen fast schon zum guten Ton bei Komponisten gehört, auf gar keinen Fall „Neue Musik-Komponist“ sein zu wollen (auch wenn gerade das Arditti-Quartett ihr neues Streichquartett mit dem Titel „…Resonanz/Fragment 3: kryptische Topoi…“ in Donaueschingen spielt), komme ich nicht umhin, auf den schlichtweg brillianten Vortrag von Michael Rebhahn hinzuweisen, den er dieses Jahr in Darmstadt gehalten hat: „Hiermit trete ich aus der Neuen Musik aus“.

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Sich auf ein berühmtes Zitat von Beuys beziehend, entwirft Rebhahn in seinem Vortrag ein höchst präzises Bild der momentanen Situation in der „Neuen“ Musik, ohne jegliche Weinerlichkeit oder falsches Pathos. In gewisser Weise halte ich seinen Text nicht nur für eine wunderbare Ergänzung, sondern ein kluges Fortdenken der vielen Diskussionen, die wir hier im Bad Blog schon seit einiger Zeit führen, auch wenn ich gar nicht weiß, inwieweit Rebhahn diese Diskussionen selber verfolgt hat. Wer nach dem Lesen dieses Artikels nach wie vor denkt, es würde in der „Szene“ alles einfach so weiterwurschteln wie bisher, bis in alle Ewigkeit, dem ist – mit Verlaub – nicht mehr zu helfen.

Besonders lobenswert an Rebhahns Artikel ist die Feststellung, dass sich bei den Komponisten der jungen Generation der Unmut über die veralteten Kategorisierungen und Zugehörigkeitsverkündigungen zunehmend steigern wird, obwohl natürlich in seinem Schluss-Statement auch die Möglichkeit eines nur vorübergehenden Aufbegehrens erwägt wird:

„Sollte die latente Bereitschaft junger Komponisten, aus der Neuen Musik „austreten“ zu wollen, keine bloße Modeerscheinung sein, wird eine der dringlichsten Aufgaben des Genres in nächster Zukunft sein, inwieweit die vermeintlich exotische Tätigkeit des Komponierens ihre Funktion im Diesseits legitimieren kann“.

Wahre Worte – aber an einem Begriff in diesem Satz bleibe ich hängen, mehr dazu in meinem nächsten Beitrag…

Ironie des Schicksals: Die Ferienkurse beabsichtigten, den Text von Rebhahn in ihrem Band 22 der „Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik“ zu veröffentlichen, mit dem hochaktuellen Erscheinungsdatum 2014 (!). Das Interesse an Rebhahns Beitrag war aber so groß, dass sie den Text gottseidank online veröffentlicht haben, weswegen ich hier auch ganz legal auf den vollen Text mit ausdrücklicher Bad-Blog-Leseempfehlung hinweise:

Hiermit trete ich aus der Neuen Musik aus, Vortrag von Michael Rebhahn

Moritz Eggert

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5 Antworten

  1. Alexander Strauch sagt:

    moritz, danke für diesen artikel. bin schon auf deine fortsetzung deiner gedanken zu rebhahns text gespannt, postulierst du ja schon immer eine offenere, emotionalere musikwelt. nun ist michael rebhahns text als taxonomie selbstredend v.a. eine zustandsbeschreibung, die ich mit meiner brille im folgendem kurz zusammenfasse, meine sicht der aktuellen bewegungen, virulenzen anschliesse. es ist nichts als mein fb-posting, das nun raus ans bloglicht soll, nachdem erik j. die dort verborgene diskussion kritisierte.

    „habe rebhahns text nun etliche male gelesen. schon seitdem er verfügbar ist, immerhin 2 wochen. finde immer noch nicht die eigentliche botschaft. ja, er teilt ein in angepasste komp., komp. die sagen „gehöre nicht dazu“ und dennoch irgendwie neue musik schreiben. er schreibt über leute, die elektronik einsetzen, die über lebensnahere inhalte sich gedanken machen. ich erkenne v.a eine zustandsbeschreibung, weniger den ausblick, denn der rettet dann doch wieder ideen der neuen musik, impliziert das direkte anknüpfen, verpflichtet sogar dazu. den bruch ruft es an, bricht aber nicht wirklich auf. was ich positiv empfinde, dass musik eher an personen denn institutionen festgemacht werden sollte.

    erstaunlicherweise sehe ich derzeit für mich eher parallelen zu rihm&co mitte der 70er: a) blick auf andere stile, (besser) prägungen, b) setzung des ichs, c) als konsequenz dessen aushebeln von strukturgegebener zeitlichkeit, sprich, eine gewissen anti-dramaturgie, die sich hier aber eher auch aus dem aufklärerischen duktus ableiten lässt, wie all die selbsterklärenden stücke mit oder moderation, mit oder ohne computerstimme sowie den einbezug von film, ähnlich wie die musikelektronik auf einfach verfügbarem niveau, wie es eben die technik erlaubt. ja, fiel rihm quasi in die welt und tastete sich selbst als welt ab, um wieder aus der welt zufallen, nimmt ein gewisser teil der heutigen jungen eine ähnliche naivität bzw. naive anwendungsfaktizität ein wie damals plötzlich wieder hölderlin und co angesagt waren. der unterschied dazu: heute wäre hölderlin in dem sinne ein no go, wie quartett. es werden erstaunliche no goes verkündet: kein pathos, keine lyrik, keine betroffenheit, etc. die wahl der mittel und ihre differenzierte anwendung wird platt übersehen…

    nachtrag zu den no goes: wenn diese institutionell gemeint sind, unterschreib ich die von mir gerade genannten. wenn es um die frage einer persönlichen, eben nicht-institutionellen setzung geht, zumindest den versuch dessen, dann fordere ich diese öde differenzierung ein! deshalb habe ich ja mein „ausgeschlossen-gefühl“ bereits im badblog als kommentar zum malte-giesen-gastartikel formuliert…

  2. wechselstrom sagt:

    Interessant geschrieben und gleichzeitig schlampig gedacht: „Dispositiv“ – gehört zu den sog. philosophischen Wildcards, den Begriffen, die man unbegrenzt irgendwohin setzen kann.
    So auch im Schlusssatz des Artikels:

    Die Bereitschaft, auf Veränderungen der Dispositive im Kontext musikalische Produktion und Rezeption zu reagieren und die diesbezüglichen Indifferenzen des Genres nicht länger hinzunehmen, verspricht Entwürfe eines gegenwartsbezogenen Komponierens.

    „Bereitschaft“
    „Veränderungen“
    „Dispositiv“
    „Kontext“
    „Rezeption“
    „Indifferenzen“
    „gegenwartsbezogen“

    bevor jemand „Bullshit-Bingo“ ruft, sollte noch erwähnt werden, dass der Autor in seiner Conclusio nichts anderes sagt, als: Lasst die Jugend rebellieren und lasst uns hoffen, dass dabei etwas interessantes herauskommt.

    O.K., einverstanden, mit der Einschränkung, dass der gesamte Artikel selbst das Dispositiv ist, das dem Kurator/Nicht-Komponisten alle Machtmittel in die Hand gibt, und das deshalb am stärksten von den Kreativen/Komponsiten zu bekämpfen ist.

  3. Erik Janson sagt:

    Liebe Leute.

    Hier meldet sich JANSON mal wieder nach kleiner Abtauchzeit. Aber es gibt mich noch [ob ich IN der Neue Musik Szene bin oder mich als „darin“ betrachte oder auch ausgetreten oder mich nie dazugehörig fühle oder dazu gezählt werde (von einigen) oder ob ich einfach nur ein Grantler bin is ja nu auch mal egal und nicht weiter wichtig ;-)]

    Hier poste ich nun auf Bitte eines Kollegen,das, was ich zuvor nur im Facebook postete zu diesem Blogbeitrag, den ich interessant finde. Also, hier mein Facebook-Kommentar zu diesem Text von Rebhahn, direkt rein kopiert (dank Copy and Paste is das ja heut zu Tage, sagt sogar Helge schneider, sehr einfach ;-):

    „Interessantes Phänomen ist N.B. dass die Debatte nicht im Bad Blog selbst statt zu finden scheint (da schrieb KEINER was, da schreibt z.B: Johannes Kreidler nicht oder extrem selten) sondern hier auf Facebook geht´s dafür ab… Nun, ich sehe den Text eher skeptisch, obwohl er sicherlich viele Tendenzen dessen, was derzeit passiert, richtig beobachtet. Aber mir fehlt auch eine Stellungnahme. Butter bei die Fische, gewissermaßen. Wollen da nicht vorschnell Leute, die im System drin sind und es bedienen, nun plötzlich proklamieren, dass es „in“ sei auszusteigen bzw. dass immer mehr jüngere Komponisten sich dem Neue Musik-Szene nicht mehr zugehörig fühlen würden? Ja und wenn: dann WER? Kreidler hat Recht in dem Punkt, bzw. mir fehlen da auch Namen, bzw. das würde mich interessieren, wer da gemeint ist vom Autor. Nun, was das „ich trete aus der Neuen Musik aus“ betrifft: Das scheinen offenbar nun Leute auf ihre Fahnen schreiben zu wollen, die aber an den entsprechenden Stätten (Darmstadt, Donau E. etc.) ja gespielt werden und dort keine Unbekannten sind und die ja sehr wohl wiederum gewisse Erwartungen bedienen… Es scheinen genau diejenigen, die der Autor weder nennen kann oder will … Sozusagen systemimanente und -erhaltende „Kritiker“ und „Abgrenzer“, die das System und die „NEUE Musik“ wieder umso mehr bestätigten und künstlich weiter für ein breiteres Publikum (was weiter fehlt) interessant machen sollen meiner Meinung nach.“

    ZITAT ENDE. Allen einen schönen Abend.

  4. Goljadkin sagt:

    Endlich mal wieder ein neues Etikett: Was bist Du so für einer? – Ich bin Postspektralist, und du? – Ich bin Austreter. – Wow, hört sich cool an. Mach ich auch. (geht aufs Klo)

    „Niemals eingetreten zu sein, mag der größte Segen von allen sein.“

    Goljadkin

  5. Alexander Strauch sagt:

    „Die Revolution frisst ihre Kinder“! Man ersetze „Revolution“ mit „Neue Musik“ oder noch besser mit „Institutionen der Neuen Musik“. Eigentlich bestünde die Sprengkraft in der Beuys-Adaption des Neue-Musik-Austritts darin, dass eine der beispielhaften Einrichtungen der Neuen Musik diese nicht mehr im klassischen Sinne, neue durchdacht oder streng an ihr ausgerichtet gegen sich selbst vorgehend exekutiert, sich selbst exekutiert. Dies wäre nicht das Schlimmste, fände sie einen neuen Rahmen, neue Formen, einen neuen Namen. Den neuen Rahmen könnte man just im „open space“ entdecken. Man könnte es aber auch dabei belassen, es als Fortführung schon immer dort existenter offenerer Präsentationsformen anzusehen. Der Schnitt oder „Cut“ müsste gewaltig sein: Kein Anknüpfen an älteren Dozenten und derer traditioneller Präsenz, kein dezidiertes Vermitteln des bisherigen Technikkanons, etc. Ein Bruch wäre auch gewesen, taxonomisch eine andere Sprache in Rebhahns Zustandsbeschreibung anzuschlagen, einen „niederen Tonfall“ oder dergleichen. Im Prinzip stellt sich Neue Musik in jenem Text nicht mehr wie die Laus im Schafspelz dar, wie Lachenmann sagen würde. Nein, es ist durch das Aufrechterhalten des „Neue-Musik-Sprechs“ eher ein Wolfsschaf im Lauspelz. So wird am Ende des Textes der Faden zur Neuen Musik nicht durchtrennt, bleibt sie Mutter aller kategorisierenden Schlachtopfer:

    „(…) ohne die Abgrenzung zum kontingenten alltäglichen Medienrauschen preiszugeben, ohne sich affrimativ zur ebenso utopischen wie reizlosen Nivellierungsformel „Kunst=Leben“ zu verhalten, ohne sich durch regressive Verniedlichung bei den Verfechtern einer glattgebügelten Wellness-Avantgarde anzubiedern.“

    Das ist kein Austritt, das ist maximal eine eindringliche, kurzzeitig aus dem eigenen Körper ausfahrende Nahtoderfahrung mit garantierter Rückholung! Das ist: Gehen Sie ins Gefängnis, aber schreiten Sie dennoch über Los, um für den sofortigen Neuanfang die Materialien der Avantgarde parat halten zu können.

    Austritt aus der Neuen Musik würde bedeuten Penderecki, Gorecki, Pärt, Henze, etc. zu sein. Das hieße ganz klar Aufführungsausschluss für Darmstadt, Donaueschingen, etc. Oder Killmayer sein, der erst sehr spät überhaupt eingeladen worden ist.

    Was funktionieren könnte, wäre überhaupt erst nicht den Einstieg zu vollziehen. Das könnte erfolgen, in dem ein junger komponierender Mensch seinen Anfangserfahrungen treu bleibt. Sich auf das bezieht, wo er her kommt, das unverhohlen zeigt, was er an für sich selbst an Bestehendem entdeckt. Das könnte natürlich bedeuten, alle Techniken einzusetzen, die man sich aneignet, die man sich lehren lässt. Das wäre aber auch, diese außen vor lassen zu können. Das hieße, sich für Einzelstunden zu bewerben und genauso fröhlich zu sein, doch nicht ausgewählt worden zu sein. Es wäre eine asketische Herausforderung, der aber in Griffnähe der Früchte der Neuen Musik sehr, sehr schwer fallen dürfte. Das hieße für eine Institution wie die Darmstädter Ferienkurse, z.B. geklampfte Tagebuchsongs – wie plötzlich 2010 als Ergebnis der Schreibwerkstatt auf Youtube zu finden – nicht nur zuzulassen, sondern mindestens zwei lange Jahre später im Hauptprogramm aufzuführen.

    Zugegeben, bei den meisten jungen KollegInnen ist vorerst zu unterstellen, das sie noch nicht vollkommen institutionell verspeist worden sind. Sie befinden sich aber bereits in den Klauen des Molochs – esoterisch formuliert! Was jedenfalls erfolgte, sind Stücke, die zwar eigene Widerständige inne haben und weitestgehend bewahren, dennoch plötzlich den genius loci beschwören, den sie kritisieren. Schubert und Kreidler schrieben so fast „schöne Stücke“ im Vergleich zu den politischeren Aussagen etlicher ihrer älteren Werke. Erfreulicherweise sind sie keine „langen Stücke“, wie es Lachenmann und Rihm so oft unterlief. Wie ich oben sagte, dass ähnlich den 70ern das „Ich“ zentral im Mittelpunkt der Stücke steht, ist zumindest bei Johannes höchst exemplarisch, wenn auch z.T. wundersam wunderbar ironisch gebrochen und doch noch stärker als bei Rihm gesetzt: Rihm komponierte damals und heute per se an seinem musikalischen, ewigen Ich. Bei Johannes wird es zum Ich-Ich: Der Komponist tritt in seinem Werk selbst in Erscheinung. Wie gesagt, mit pfundweiser Selbstironie. Auch könnte man sagen, es sei eben die Selbstdarstellung gewählt worden, um andere Darsteller zu sparen. Dennoch ist er existentiell gesetzt, wie er nackt fröstelnd über den Dächern Berlins – so denke ich – ins Mikro bibbernd klappert.

    Jetzt kann man sagen, dass die Selbstinszenierung oder Selbstpreisgabe immer noch in ihrem Espressionismus politischer sei als die Politik selbst. Wirkungsmächtiger wäre aber tatsächlich das Polit-Sujet an sich gewesen. Eben doch die Simplifizierung von „Kunst=Leben“, vor der Rebhahn warnt. Das Problem dieser Art von musikalischen Jetztzeit-Setzungen sind mitunter die Aussage „Willkommen in der Realität“: Wird nicht das Faktische des unendlich Verfügbaren wie z.B. aller Techniken, Aufnahmen, Stile, etc. postuliert? Wird nicht das Postmoderne durchradikalisiert? Aber bleibt nicht das Utopische draussen? Knallhartes wie neoliberale Ausbeutung wird hereingenommen, ja, anderen Kollegen in der zweiten Welt zur Ausarbeitung überlassen! Aber es entsteht zwischen den Zeilen kein eigener Gesang des Ichs, so sehr dieses vor-gesetzt wird, pathetisch auftritt. Im Gegenteil, es werden neue Verbote ausgerufen: Kein Pathos, keine Rührung, keine bestehenden Formen.

    Martin Schüttler z.B. geht soweit, sich das Singen, das klassische Jammern einer Oboe, in „Gier“ zu verbitten. Manchmal denkt man, die Jungen könnten es wohl einfach nicht, das expressive Singen, Schreien, Hauchen, Schweigen. Es ist viel radikaler, sogar schlimmer: Sie verbieten es sich selbst! Der Nicht-Gesang ist nun aber wiederum solch ein prägendes Zeichen Neuer Musik, wenn auch ex-negativo – wo dies doch auch vermieden werden sollte – als Klischee, dass der Ausstieg aus der Neuen Musik als solches nicht stattfindet. Aber nicht in einem sowohl-als-auch-Ausbruch der Neue-Musik-und-Nicht-Neue-Musik-Materialien wie z.B. in jenen 70ern, die ja eben wieder zu singen anfingen, den Sänger Killmayer in ihre Kreise ließen. Virulent, nicht durchgehend, aber spürbar, werden nicht Wesentlichkeiten sondern Akzidenzien, wie klischeehafte Zuschreibungen des „Verbotes an sich“ zum Merkmal der neuen Stücke, Haltungen. Ein „Darüber-Hinaus“, ein „Überwinden“ im Einschluss gerade des bisher ausgeschlossenen, findet nicht statt. So laufen Rebhahns Schlussworte ins Leere, des Nicht-Durchtrennens der Nabelschnur, das fast unsichtbaren Ariadnefadens. Nein: Die Seile werden verstärkt, zum gordischen Knoten verflochten, so dass sie weniger überwindbarer denn je erscheinen, so sehr eine Aussenwelt mitschwingen mag, die mal mit dem Auftreten des Toren Oehrings so erfrischend war, jetzt aber vollverspeist im Magen der Neuen Musik stecken zu bleiben droht.

    Warum ich das sage, wo ich doch prinzipiell jene Arten Neuer Musik als sehr förderungswürdig erachte, daraus doch mehr zehrte, als ich hier jetzt wegdonnere? Bei mir ist es schlichtweg der Gesang, das Singende, was am Ende eines Musik-Werdungsprozess haben möchte. So vollzog ich es letzthin in meiner NEDA, wo Passfotofarbwerte zu Klang, zu Gesang wurden. Damit affirmiere ich das „Alte“, stehe ich Henze vielleicht näher als Lachenmann oder Spahlinger. Wenn in Musik allerdings die Stimme mehr denn je verstummen soll, dann spüre ich den Tritt in den Hintern, die wieder mal erfolgende Exklusion. Und das stimmt mich traurig, das greift an! Das erklärt nun auch mein komisches Rudern und Reiben an Darmstadt 2012. Ich möchte sehr wohl nicht die Fortsetzung der ardittischen Quartetttradition bis 2050 – ohne deren Verdienste anzuzweifeln. Dennoch ist es sehr wohl möglich, vier Streichinstrumente zur Sinnsuche zu benutzen, ohne nur klangliches Lego im Rebhahnschen Sinne zu betreiben. Musik ist kein Rechner, den man wegwirft, wenn er kaputt ist – so rufe ich den digital natives zu. Musik wird dann besonders interessant, wenn sie sich einem verschliesst, man es erstmal nicht mag! Deshalb interessiert Ihr mich ja so, deshalb erlaube ich mir als originärer Streicher nach 30 Jahren Spielerfahrung erst jetzt in dieser Disziplin nicht mal 9 Minuten Musik…

    Pathetische Grüße,
    Eure Sing-Sandy