Wenn Dumme fleißig werden

Am 24. 10. 2011

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Mir ist im Laufe meiner einjährigen Bloggertätigkeit aufgefallen, dass ich keine seriösen Artikel schreiben kann. Seriös im Sinne von objektiv.
(Da stellt sich dann auch sofort die Frage, ob es überhaupt objektives Schreiben gibt). Glücklicherweise geht es ja im Bad Blog auch nicht um objektives Schreiben.
Wohl aber um berechtigte Kritik (leider steht sich das in der Außenwahrnehmung manchmal im Weg).
Da ich jetzt auf meinen Wunsch hin aus dem Blog aussteige, hatte ich mir überlegt, nochmal eine Art objektiven Aufsatz zu schreiben, der meine Erlebnisse mit dem Blog und meine Gedanken dazu bündelt.
Ich machte mich also an die Arbeit. Zunächst machte ich mir eine Skizze, in der ich die Punkte sortierte, die in dem Artikel abgehandelt werden sollten. Doch als ich mich an die Ausarbeitung der Skizze machte, habe ich gemerkt, was ich eigentlich schon wusste, nämlich, dass ich nicht objektiv schreiben kann. Deshalb musste eine neue Idee her.
Ich bin also meine Mails durchgegangen und habe nach Zitaten gesucht, die sich collagieren oder irgendwie verwenden ließen. Jetzt lese ich die Zitate und stelle fest, dass die sich auch nicht eignen. Deshalb lasse ich das Material einfach roh für sich sprechen.

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Am 18. 10. 2011

Mein Jahr mit dem Bad Blog

Vor einem Jahr, am 1. 11. 2010, veröffentlichte ich an diesem Ort meinen ersten Blogeintrag. Seitdem ist, wie ich gerade schrieb, ein Jahr vergangen.

Jetzt liege ich in Frankfurt auf meinem Bett und tippe diesen Artikel.

Gestern kam ich aus Donaueschingen zurück. Es

Wenn man zu Hause ist, ist immer wieder alles irgendwie ok.
Aber eigentlich ist nichts ok.

1. Die Komponisten als Problem

2. Die Funktionäre als Problem

3. Die Kommentatoren

4. Der nicht vorhandene Humor, die fehlende Selbstironie (= Fanatismus. Humor als die Differenz zwischen Selbst- und Außenwahrnehmung. Man kann sich auch selbst von außen sehen. Leute, denkt daran, wie klein eure Welt ist.)

5. Mein Problem, mich zu allem verhalten zu müssen

Was ist genau das, was denen nicht gefällt? Der Tonfall oder der Inhalt?

Habe ich als Blogger so viel Macht, dass eine Institutsleiterin darüber stolpern könnte? Bei nicht-kompromittierenden Inhalten? Oder sind die Inhalte kompromittierend?

Sollte Kunst und der Kunstbetrieb nicht automatisch Kritik hervorrufen? Geht es nicht eigentlich auch darum?

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Mail vom 20. 10. 2011

Bin im Vorkaterzustand, also betrunken, während ich dies schreibe, und glücklich, wegen der Trunkenheit, komme gerade vom 60. Geburtstag der hessischen Polizeigewerkschaft, ich habe mit meinem Sextett bei dem empfang gesungen (im kaisersaal im Römer) und so heute 100 euro verdient (hart). es gab viele reden, es war sehr langweilig, aber die letzte war toll. ein ehem. Bundesvorstand sagte „manchmal habe ich das Gefühl, wir sperren die falschen Leute ein“.
das fand ich ziemlich stark. hinterher gab es ein hessisches Buffet, was sehr lecker war und ich habe mich mit Apfelwein betrunken,

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Am 21. 10. 2011

„Deshalb habe ich meine Stelle gekündigt und bin mit ihm nach Peking gegangen.“

Lang Langs Vater

„Wenn alle kritisch wären, bräuchte ich es nicht sein.“

Arno Lücker

„Ein Komponist aus, ich sag mal im weitesten Sinne, Nordafrika.“

Armin Köhler über Saed Haddad (Jordanier/„Anderer“)

„Du warst ja bisher immer mein Lieblingsstudent.“

Name der Selbstzensur zum Opfer gefallen

„Das schlimmste ist, wenn Dumme fleißig werden.“

Volksmund

http://www.youtube.com/watch?v=y3zydSp-2jo&feature=related

Connie Talbot

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Mail vom 25. 10. 2011

Natürlich sehe ich meinen Ausstieg auch ambivalent: denn einerseits ist es ja total notwendig, dass man dagegen arbeitet. Andererseits sind mir diese Leute einfach zu kleingeistig, als dass ich mich überhaupt auf sie einlassen möchte (dadurch gibt man ihnen dann ja auch wieder Macht). Es ist ein Dilemma.

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Am 26. 10. 2011

Auch im Klassikbereich gibt es Diddlmausliebhaber oder Sheepworld-Fans. Auch im Neue-Musik-Bereich. Gegen Sie gilt es zu kämpfen. Oder besser: man muss ihnen beibringen, dass die Diddlmaus nicht niedlich ist.
Es gibt auch intellektuelle Diddlmäuse.

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Am 27. 10. 2011

Was ist eigentlich der Grund meines Ausstiegs? Ich kann es nicht konkret sagen. Es wurde mir schon vorgeworfen, ich würde aus Karrieregründen im Blog schreiben. Dann wurde ich gewarnt, ich würde meine Karriere durch das Schreiben im Blog „in Gefahr bringen“. Ehrlich gesagt sorge ich mich relativ wenig um meine Karriere, ich bin da gar nicht so taktisch. (Bloß nicht Karriere um jeden Preis).
Außerdem: Ist das überhaupt eine Kategorie in der Kunst?

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Am 28. 10. 2011

K. sagte mir neulich: die Zeit, in der man sich auskotzt ist auch irgendwann mal vorbei. Dabei habe ich ja gar nicht das Gefühl, mich auszukotzen. (Und auch gar keine Lust drauf). Wenn man betrunken ist, kann brechen allerdings hilfreich sein.

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Am 29. 10. 2011

Wir haben einen Kuchen gebacken, und trotz dessen, dass wir Salz statt Zucker verwendet haben, essen wir ihn beständig auf, als gäbe es nichts Köstlicheres in der Welt.

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Am 30. 10. 2011

Der 2. September begann. Der 2. September ging.
Woher der Rechtfertigungsdruck?

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Am 1. 11. 2011 (1:11h)

Die Tagebuchform ist fingiert.
Das Datum und die Uhrzeit, während ich dies schreibe sind es nicht.
(Kaum zu glauben, ich weiß. Aber es ist Zufall).

Auf Wiedersehen, liebe Leser des Bad Blog!

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3 Antworten

  1. Sehr schade! Mir gefiel gerade das „Unseriöse“ an deinen Texten!

    Sollte Kunst und der Kunstbetrieb nicht automatisch Kritik hervorrufen?

    Wüsste nicht, wozu dieser Blog sonst da wäre!

  2. querstand sagt:

    BADBLOG AM ENDE!

    Das rufen besorgte Leser, darüber freuen sich begeistert die Hinterzimmer.

    Nein, soweit kann es noch nicht sein – oder doch? Es ist schade, dass jetzt Mathias Monrad Møller den Bettel hinwarf, gerade wo sich in diesen eigenartigen Tagebuchfassaden ein eigener Stil abzuzeichnen begann. Dass die Dinge sich seit seinem Einstieg nicht so entwickelten, wie er es sich vielleicht vorstellte, er hoffentlich nicht allzu sehr Ausserhalb der Blogschreibkästchen angegriffen wurde, lässt sich nur wünschen nicht Hauptgrund der Aufgabe seinerseits zu sein. Lief der Austausch als von Leser-/Kommentiererseite immer höflich und trotzdem kontrovers, zumindest empfand ich das so.

    Aber einer und dazu ein ganz kompletter Schreibneuling kann nicht das ersetzen, was Patrick Hahn und Arno Lücker als Gegengewicht, als andere Erweiterung, zu Moritz Eggert leisten konnten. Natürlich tauchen beide immer wieder auf, verantworten hier den Verkehr. Das Schwert der beiden schwang Mathias Monrad Møller jetzt aber allein und konnte nur unter dem Gewicht ächzen, wo die beiden es schon zusammen aus der Hand geben mussten, durch neue Aufgaben im Leben dazu veranlasst.

    Als kommentierender Leser kann ich da nur rufen: Wir brauchen Euch!!! Natürlich ist Moritz in der Lage, die Lücker-Lücke allein auszufüllen, ohne Hahn weiterzupicken, Kulturvernichter ohne Møller zu vermüllern. Das dürfte aber auf Dauer auch ihm lästig sein. Zudem braucht es einen anderen, eigenen Stil, mindestens einen, um auch Gegengewichte zu setzen, mal Kontroverses zwischen den Bloggern aufzuzeigen, Meinungsvielfalt bei der engen Materie zu gewährleisten. So liegen die Gastartikel, die Fremdeporträts, die Orchesterrettungen, Petitionsaufrufe, Konzertkritiken, Festivalberichte, GEMA-Sottisen, Hommagen und Gedenkschriften wie Geburtstagsgrüsse, Alltagsaufreger in einer Hand.

    Mathias Monrad Møller packte dies komprimiert in seine Tagebuchausschnitte. Was natürlich seinen Donaueschingenbericht schon klar und deutlich, sehr deutlich machte. Dennoch wäre eine weitere Stimme, eine andere, ältere oder aus einem völlig anderen Metier stammende dazu interessant gewesen, ein reiner Radioberichter, der sich einfach am Äther alle Konzerte blind angehört hätte und seinen Kommentar dazu gibt, wie die idealisiert blinde Kommission beim Musikercasting mit Vorhang.

    Auf Seiten der Kommentierer sieht es doch ganz ordentlich aus, tummeln sich die Oldies wechselstrom, Erik Janson und ich hier, traten erfrischend Stefan Hetzel und Guntram Erbe hinzu, rührt sich selten May Nyffeler. Wo sind Kampe, Hurt, Kreidler, Köszehghy?! Tretet mal wieder hervor, ihr stummen auch, oder wollt ihr mit Schuld am Blogtod tragen? Ihr Badboys und Madladies….!!

    Manchmal durchbricht Eggert seine Kommentarzurückhaltung, Mathias Monrad Møller disziplinierte sich da fast sklavisch, alles 20 Beiträge mal ein peh oder ein Arno. Das ist gut so, andererseits ist doch gerade die journalistische Unmoral in der Hinsicht auch sehr erfrischend gewesen, machte den Badblog zu einem anderen Blog unter all den Zeitungsersatzblogs. Wer noch oder hoffentlich bald mitbloggt: bitte darin nicht zu viel Zurückhaltung, auch wenn man dann in Spalten gerät, in Kommentarfallen, die man eigentlich vermeiden wollte – man muss sich ja dabei nicht zu Tode kommentieren, wie es wir Kommentierer so gerne veranstalten.

    Darf hier Forderungen stellen? Ich tu’s mal: ich fordere im Namen der Leserschaft mehr Vitalität, damit Totgesagte länger leben. So sollte nicht nur ein Frischling wie zuletzt an Moritz Seite treten, nein es sollten drei, bis vier unterschiedliche Mitblogger sein. So treten sich mehr Meinungen hier auf die Füsse, werden einzelne Vorgänge, Vorfälle von mehreren Seiten beleuchtet, mal mehr berichtet, mal zerfasert, mal ganz kompositorisch jugendlich, mal mehr verallgemeinernd altersweise. Wenn sich nicht nur Kommentierer klopfen, sondern auch die Blogger selbst, vielleicht auch mal Gegenwind von Betroffenen hier wehen würde? Die ducken sich aber weg, bis auf Herrn Mauro zuletzt mal oder anonyme Zitherer oder verschnupfte Lobbykenner wie Herr Rosinksi.

    Bekommen manche potentielle Mitautoren, Mitkommentierer extra Kohle, Schweigegeld, um sich hier wortlos peinigen zu lassen? Vollkommener Blödsinn, aber was man sich als Paranoiker Alles so gerne ausmalt… Muss man Verzichtsklauseln in Verträgen unterschreiben, eine ungeschriebene Lex Badblog einhalten? Wenn es denn so wäre! Jetzt lächeln aber die Macher, die Angegriffenen ins Fäustchen, wenn sie solche Abschiede auf Raten lesen, wie die von Lücker, Hahn und Møller. Wenn nun Moritz, bitte verzeih‘, mal eine noch höhere Verantwortungsbürde denn je in Gremien übertragen bekommt, gegen die er sich gar nicht wehren kann, wie z.B. in einem Rundfunkrat oder in der Siemenspreisjury zu sitzen, dann hätte es sich also ausgebadbloggt, so autorenleer es hier gerade abgeht. Es wäre auf alle Fälle gut, wenn schleunigst hier wieder Verstärkung anrückt. Sonst jammern wir uns hier einfach die Tränen aus, bis die Augen trocken sind, die Taschentücher ausgehen und wir als ewige Jammerparade gelten, wie es mir letzthin ein neuer Blogleser signalisierte, wenn ich ihn jetzt einfach mal in diesem Sinne falsch interpretiere.

    Allerdings: zum Jubelblog muss das hier nun auch nicht werden, wie es Hochschulen, Orchester, Zeitungen, Festivals und Kulturinstitute so gerne machen. Was gut ist, soll hier als solches benannt werden. Neue Musik impliziert aber immer das Kritische. Wie oft musste man sich direkt nach einer eigenen, sehr erfolgreichen und sehr guten UA die negative Meinung Anderer sofort danach im Anschluss anhören? Wenn das der Einzelne verträgt, kann das auch die Neue-Musik-Folgschaft vertragen. Vor lauter Angst Hörer halten zu müssen, gibt es heute gar keine Publikumsbeschimpfungen mehr. Ein wenig muss dieses sich aber immer den Spiegel vorhalten zu getrauen. Und das kann der Badblog – aber nur, wenn er lebendiger wird als er jetzt wirkt. Oder muss ich wieder mal einen Alter-Ego-Streik, wahrhaft ätzend und tödlich ankündigen? Bitte erspart mir, Euch, uns das – handelt und seid kreativ, so dumm dieses Adjektiv auch sein mag.

    Gruß,
    Alexander Strauch

  3. C.J. Sperling sagt:

    Um den Appell von querstand aufzugreifen: vermutlich gibt es einige Leser (ich bin so jemand), die zwar nicht „offizieller Mitarbeiter“ werden möchten, aber gelegentlich, oder sei es auch nur einmal, einen für den BadBlog eventuell interessanten Text haben – Bericht, These, whatever. Manchmal brennt einem ein Thema unter den Nägeln, aber ein eigenes Blog einrichten, das regelmäßig gefüttert werden will: och nö, das dann doch nicht.
    Könnte das BadBlog nicht zur Einreichung von Texten einladen? Natürlich käme da bestimmt einiges an Unpassendem, was abgelehnt werden müsste (oh weh, der Ärger…), natürlich würde das Durchsehen der Texte Arbeit verursachen (allerdings wohl weniger als Neues zu schreiben) – aber es wäre eine Chance auf Meinungsvielfalt, fruchtbare Diskussionen, Entwicklung neuer Ideen usw. usw.
    Aktuell verstecken sich „fremde“ Beiträge in den Kommentaren, wie z.B. der Text von Stefan Hetzel anlässlich der „Kunst der freien Rede“, der (sagenwirmal mit 1-2 Absatzformatierungen mehr ;-)) ein guter eigenständiger Post hätte sein können.
    Könnte es nicht sinnvoll sein, einen solchen oder ähnlichen Weg auszuprobieren? Zu viel Arbeit auf zu wenig Schultern wird wohl sicher irgendwann zum Ende des BadBlog führen.