Kein Opernblog (1)

Für meine neue Oper „All diese Tage“ (UA Bremen 28.4.2012) wird schon erstaunlich früh die Pressetrommel gerührt, was nie verfehlt, einen Komponisten sehr nervös zu machen, denn natürlich hat man mit der Arbeit gerade erst angefangen und will ja nicht, dass am Ende nur der Klavierauszug aufgeführt wird, weil das Opernorchester sich weigert, die zu spät eingetroffenen Noten zu spielen. Ist Kollegen schon mal passiert, ganz echt!

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Es gibt aber auch einen Grund für diese frühe Werbung: Für das Stück werden sehr viele Mitwirkende gebraucht, vor allem jugendliche Bremer. Warum, steht hier:. Dazu musste es jetzt eine Pressekonferenz geben, denn der Aufruf muss ja in die Zeitung und so.

Daher fand ich mich plötzlich im Weser-Stadion Bremen wieder, zusammen mit einem Herrn Schäfer (dem Geschäftsführer des SV Werder Bremen), Hans-Georg Wegner (Leiter der Bremer Oper), Michael Talke (Regisseur) und meiner lieben Frau Andrea, die Unterhaltungen mit Jugendlichen als Basis dazu benutzt hat, unser Libretto zu erstellen. Wir sitzen genau dort, wo man Thomas Schaaf immer im Fernsehen sieht (also im Presseraum von Werder Bremen, unterm Stadion), wenn er mal wieder erklären muss, warum Bremen gerade verloren hat. Was gottseidank in letzter Zeit nicht so häufig ist.

Natürlich ist es nicht so voll, wie wenn Fußball ist. Was natürlich gleich die Reporterfrage bringt, ob man nicht auch mal Oper im Weserstadion aufführen möchte, vor 45000 Leuten. Wäre doch mal was.

Es ist nicht ganz leicht unser Projekt zu erklären. Wir wissen ja selbst nicht so genau, was es werden soll, wissen nur, dass es anders werden soll. Aber wer will das nicht? Wie auch immer, Jugendliche müssen gecastet werden.

„Äh, inwieweit haben sich die Jugendlichen da einbringen können?“ fragt ein Reporter?

„Nun, wir machen ein richtig großes Casting, und eigentlich kann da jeder mitmachen, der will, die müssen nichts besonderes können. Auch nicht singen oder so.“

„Aber was machen die dann?“

„Nun, die machen Sachen, die Jugendliche so machen. Es geht ja um Alltag, deswegen heißt das Stück ja auch so. Und manchmal geht es auch darum, was im Alltag passiert, also nicht sehr viel“

„Aha, aber wie bringen sich die Jugendlichen nun da ein?“

„Also, sie sind die ganze Zeit auf der Bühne, sie dissen, laufen Parkours, sie bilden Sprechchöre, und manchmal spielen sie auch auf komischen Instrumenten.“

„Äh, wie modern ist denn ihre Musik? Wird das die Leute abschrecken? Ist das melodisch oder eher harmonisch?“

„Also, das ist Musik die heute geschrieben wird, und sie müssen selber entscheiden, wie melodisch oder harmonisch Sie das finden. Ich habe auf jeden Fall weder etwas gegen Harmonie oder Melodie, aber ich mag halt auch ganz andere Sachen“.

„Und die Jugendlichen? Was machen die genau?“

„Nun, das haben wir doch versucht, Ihnen zu erklären! Die müssen auch richtig proben und hart arbeiten. Genau wie die Sänger, die ja auch dabei sind. Wir denken, ihr Anteil wird ungefähr 1/4 der Aufführung ausmachen.“

Erstaunte, ungläubige Blicke der Reporter. „Was? Nur 1/4? Also bringen die sich gar nicht richtig ein und so? Warum machen die überhaupt mit?“

„Nun, 1/4 ist ja eine ganze Menge. Und außerdem waren sie ja auch bei der Entstehung des Librettos ganz wichtig, ich denke mal…“

„Nur 1/4? Und die dürfen nicht mitbestimmen?“

„Äh…wir schreiben die Oper, und die machen halt mit….“

Schweigen. Ich bin nicht sicher, ob die Reporter uns verstanden haben.

Das nächste Mal schreibe ich kein Stück mit Jugendlichen. Oder vielmehr: mit ganz normalen Jugendlichen. Das reicht nicht, das kann man nicht erklären.
Das nächste Mal schreibe ich ein Stück für behinderte arbeitslose vorbestrafte Jugendliche mit Migrationshintergrund. Das müsste funktionieren, was meint ihr?

Moritz Eggert

PS: Übrigens, ich bin dann mal weg (Ferien und so) und der Bad Boy muss mal Pause machen. Mindestens bis zum 17. September! Ich hoffe, meine Kollegen halten die Stellung. Tut ihr doch, oder? Hallo? Hallo?

Pizarro will Dich!

Pizarro will Dich!

Presseansturm aufs Weserstadion

Presseansturm aufs Weserstadion

Unsensibler Komponist

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Wo Schaaf immer sitzt

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Poster

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Das Pressemenü

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All diese Postkarten und Flyer

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Eine Antwort

  1. wechselstrom sagt:

    Der Unterschied wird interessant.
    Jetzt kennen wir den Wortlaut der Fragen und Antworten bei der Pressekonferenz – Spannung: was steht dann in der Zeitung … ÜBERRASCHUNG ! !
    bitte hier posten
    Danke

    – wechselstrom –