Zithermusiktage die zweite…

Ich konnte nicht ahnen, dass mein kleiner Artikel von vor drei Tagen solche Stürme in der Zitherwelt auslösen würde (was die vielen Kommentare beweisen). Anscheinend haben wir hier den Finger auf eine Wunde gelegt, zumindest was die Kommunikation der verschiedenen Positionen der Zithermusik untereinander angeht.
Wir erinnern uns: Ausgelöst wurde das Ganze durch meinen Bericht, es dürfe bei den Zithermusiktagen in Greiz 2011 keine Neue Musik gespielt werden, eine Information, die mir von dem Komponisten Graham Lack zugetragen wurde. Natürlich ist es aber nur fair, die andere Seite auch zu Wort zu kommen lassen, denn diese fühlt sich hier falsch dargestellt. Daher bat ich den von mir voreilig zu Heavy-Metal-Zithermusik unter seinem Fenster verdammten Heinz Mader um ein Statement, und hier ist es:

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Sehr geehrter Herr Eggert,

Es ehrt Sie, dass Sie der Wahrheit – auch ihrerseits etwas spät – auf den Grund gehen wollen. Bei dieser Wahrheitsfindung möchte ich Ihnen gerne behilflich sein. Daher möchte ich Ihnen die Situation, die entweder von Graham Lack oder von Ihnen oder von Ihnen beiden verkürzt als „Maders Verbot von Neuer Musik“ wiedergegeben worden ist, detailliert darlegen:

Die 17. Deutschen Zithermusiktage 2011 in Greiz werden im Grunde genommen aus drei Phasen bestehen:

1) In einem mehrwöchigen Projekt werden unser Kollege Steffen Hempel und ehemalige Kommilitonen Schulen in Greiz und im Umland aufsuchen, dort in Unterrichtseinheiten das Instrument Zither vorstellen und versuchen, diese SchülerInnen behutsam an das Instrument heranführen. Da Steffen Hempel und seine Mitstreiter erst vor kurzem das Studium bei Georg Glasl abgeschlossen haben, dürfen wir erwarten bzw. sind wir sicher, dass weniger Tonfolgen aus dem Ländler/Walzer/Polka-Bereich in diesem Unterricht verwendet werden, sondern weitestgehend Klangelemente aus dem Bereich der Neuen Musik. Eine Vorgabe des DZB-Vorstandes existiert hier nicht, die Lehrenden sind bei der Auswahl der Unterrichtsmittel und Stilelemente absolut frei.
2) Danach werden wir vom 17.-21.10. ein Internationales Zitherseminar anbieten, bei dem sich Gäste aus allen Ländern, in denen unsere Konzertzither gespielt wird, anmelden können. Auch für dieses Seminar existiert keine Vorgabe des DZB-Vorstandes, auch hier sind die Dozenten absolut frei bei der Auswahl der zu spielenden Literatur.
3) Vom 21.-23.10. finden dann im Neubau der Vogtlandhalle Großveranstaltungen statt. Das sind im Wesentlichen mehrere Konzerte, Workshops für Kinder, eine Theateraufführung für Kinder, ein Gottesdienst mit Zithermusik sowie eine Noten- und Instrumentenausstellung.
4) Den Abschluss sollte am Sonntagabend eine Orgelsoiree (Orgel/Zither) mit Matthias Grünert, dem heutigen Kantor der Frauenkirche Dresden (vorher in Greiz tätig), bilden. Für diese Schlussveranstaltung sollte eine Auftragskomposition vergeben werden, für die auch ein namhafter Betrag in die Kalkulation eingesetzt wurde. Bedauerlicherweise mussten wir feststellen, dass genau während dieser Zeit die ev. Stadtkirche Greiz renoviert wird und weder für Gottesdienste noch für Konzerte zur Verfügung. Diese Veranstaltung musste daher aus der Planung genommen werden; es wird noch überlegt, ob und wie man diesen Ausfall kompensieren kann.

Bei der Planung dieser Zithermusiktage haben DZB-Vorstand und der Bundesmusikausschuss gemeinsam beschlossen, die Anregung des damaligen BMA-Mitgliedes Peter Hoch (Trossingen) aufzugreifen und die Zahl der Konzerte gegenüber den vorherigen Zithermusiktagen zu reduzieren, weil das Wochenende eigentlich immer zu „vollgepackt“ war. Während bei den vorherigen Zithermusiktagen immer ein Konzert oder Jugendkonzert ausschließlich mit Neuer Musik durchgeführt würde, kamen dieses Mal von unseren beiden Landesverbänden Thüringen und Sachsen Signale, die darauf hin deuteten, dass eine solche Vorgehensweise vorhandene Aversionen gegen Neue Musik in der dortigen Bevölkerung (Sie sind dort weder in München, Donaueschingen, Witten oder Köln) eher verstärken als abschwächen würden.

Wir haben uns dann für eine andere – sicherlich länger dauernde – Vorgehensweise entschieden, nämlich den musikalischen Weg über die Kinder und Jugendlichen zu gehen: Erst eine mehrwöchige Projektphase, dann schließlich Workshops für den potenziellen Nachwuchs. Anschließend das Angebot eines qualifizierten Zitherunterrichts in der dortigen Musikschule. Diese Vorgehensweise bei noch bildbaren jungen Menschen verspricht nach unserer Meinung größere Nachhaltigkeit (auch für die Neue Musik) als Konfrontation von erwachsenen Menschen, bei denen Verhaltensmuster und Empfindungen festgezurrt sind, mit Unbekanntem oder sogar Ungeliebtem.

Und hier liegt nun der Knackpunkt:

Graham Lack hat mir in seinem Anruf vom 18. Januar ein größeres Projekt für die ZMT in Greiz angeboten (und anschließend aber auch schon selbst angedeutet, dass wahrscheinlich die Zeit für die Vorbereitung desselben zu kurz sei). Wenn ich nun darauf geantwortet habe „Es ist keine Neue Musik bei den Zithermusiktagen in Greiz geplant“, so bezog sich das allein darauf, dass es entsprechend unserer vorherigen Entscheidung kein Konzert geben würde, in dem ausschließlich Neue Musik gespielt werden sollte. Leider war es in dem anschließenden Fast-Monolog, den Graham Lack führte, nicht möglich, ihm diese differenzierte Darstellung, wie ich sie oben versucht habe, nahezubringen. Es ist mir leider auch nicht gelungen, ihm klarzumachen, dass Werke der Neuen Musik gleichwohl eingeplant werden, wenn die bisher angefragten bzw. noch anzufragenden Ensembles ein solches Stück aufführungsreif anbieten. Im Übrigen habe ich das Wort „Verbot“ während des Telefonats nicht ein einziges Mal verwendet.

Ich würde mich freuen, wenn Sie meine Darstellung in gleicher Weise veröffentlichen würden.

Heinz Mader

Irgendwie bin ich froh, diese Diskussion ausgelöst zu haben, auch wenn ich wahrscheinlich einen anderen Ton in meinen letzten Artikel angeschlagen hätte, wenn ich mehr über die Sache gewusst hätte. Man möge mein Scherzen also verzeihen, oder auch nicht. Gerne warte ich auf die angekündigten Zithermusikkonzerte vor meinem Arbeitszimmer im Erdgeschoss – lauter als der gegenüberliegende Spielplatz werden sie auch nicht sein. Und die Zither ist ja ein schönes Instrument!
Wer hier jetzt recht hat, ob es alleine um Beleidigtheiten und Enttäuschungen von Komponisten wie Graham Lack ging, oder ob es doch grundsätzlich mehr Gesprächsbedarf für dieses Thema bei den Zitherverbänden gibt, das wage ich an dieser Stelle ehrlich gesagt nicht mehr zu beurteilen. Aber es wurde gezeigt, dass man doch mit journalistischen Mitteln etwas anstossen kann. Die Zitherverbände haben jetzt gemerkt, dass es nicht ideal für sie ist wenn der Eindruck entsteht, die Neue Musik werde unter den Tisch gekehrt und demonstrieren jetzt lobenswerterweise Eifer, hier doch mehr anzubieten. Dies kann der Sache neuer Zithermusik nur dienen, und den Komponisten, die für die Zither schreiben (und auf deren Seite sind wir ja hier im Blog). Und es wurde noch einmal öffentlich gezeigt, dass die Arbeit von z.B. Glasl und Mallaun und natürlich auch von den vielen hier in den Kommentaren mehrmals genannten Komponisten große überregionale Unterstützung hat, und das war mir ehrlich gesagt wirklich wichtig!

In diesem Sinne möge wieder Frieden einkehren in der Zitherwelt, und spannende Konzerte entstehen, in denen alt und neu auf befruchtende Weise zusammenkommt!

Euer
Moritz Eggert

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Eine Antwort

  1. querstand sagt:

    @ eggy: Vielen Dank für diesen Beitrag. Da wurde hier und auch meinerseits Vieles dann ungefiltert falsch verstanden, in Verbindung mit altem Kram zu heftigsten Vorwürfen verkocht. Der „Schwarze Peter“ liegt diesmal auf der Komponistenseite, bei den Einzelkämpfern, die hier im Blog geballt sind. Einzelkämpferisch, individuell nicht durchdringend versteht man dann eine differenzierte Absage, die ggf. nichts mit Werk und Person zu tun hat, falsch. Es braut sich Sosse dunkelster Farbe zusammen. Fürchterlich, entsetzlich!! Da bin ich einer persönlichen Sache eines Kollegen aufgesessen, die plötzlich in allen Zitherländern kommuniziert worden ist.

    So ist dem DZB kaum ein Vorwurf in der Sache zu machen. Vielleicht sollte die Stücksuche, Auftragsvergabe einfach „outgesourct“ werden, in Form einer Ausschreibung, öffentlichen Fokussierung eines lokalen Raumes – wenn man dies bei einem landesweiten Treffen möchte. Eben mehr Öffentlichkeit, gerade wenn es um so private Dinge wie Aufträge oder andere Aufführungsgelegenheiten Neuer Musik geht. Dann kann eine einzelne Person auch vieles falsch verstehen, es gibt aber sofort die publizierte Referenz samt Ausschluss des Rechtsweges.

    Was kann man sagen: bessere Kommunikation beiderseits, bessere Sitten auch, diesmal besonders bei uns selbst. Zudem zeigt sich doch die verstärkte, breitere Wahrnehmung für Zithermusik, wenn diese selbst hier im Blog plötzlich Wogen wie grosse Neue Musik Festivals schlägt. Eigentlich absurderweise ein positives Zeichen für die Zither-Präsenz aller Ausrichtung, ein Riesenouting.

    Liebe Kollegen, traut Euch ans Instrument. Und Erik, warum mal kein einfacheres Stück für Herrn Maders Ensemble?

    Lieber DZB: grösseres Selbstbewusstsein, kein Grössenwahnsinn, Offenheit, deren Notwendigkeit radikal hier nun wieder sichtbar wurde, auch bei geringen Geldmitteln keine Angst vor „Call for Scores“! Viele Schränke sind voll Zithermusik, einfacher und/oder schwerer. Mehr Mut. So aber wurden unberechtigterweise meinerseits aber aus der Komponistensicht eher wildeste Befürchtungen geweckt. Zeigt’s uns! Werden wir wieder froh!!

    Gruss,
    A. Strauch