Man weiß es ist Sommerloch, wenn….

…in der FAZ die 50.000ste Eloge auf Daniel Kehlmann erscheint, und das Feuilleton arme Schreiberlinge dazu auffordert, einen ganzseitigen Artikel über die privaten Ferienberichte von Teddy Adorno zu schreiben.

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Michael Kinsley, der Herausgeber von „Atlantic Wire“, hat vor kurzem inspiriert durch einen Artikel in der New York Times einen Wettbewerb für den langweiligsten Zeitungsartikel der Welt ausgeschrieben..
Gäbe es diesen Wettbewerb hier, so hätte der Artikel „Wenn ich mich der Sonne exponiere“ in der Ausgabe Nr. 180 der FAZ, Feuilleton, Seite 29 die besten Chancen ihn zu gewinnen, denn es kann kein nichtssagenderes und öderes Thema geben als Adornos in keiner Weise interessante oder ungewöhnliche Meldungen aus diversen Urlauben.

Zitate gefällig? Wie wäre es mit:

„Wir waren auf Wolkmann und Schafhof, Gotthard, in Neudorf, zu Fuß beinahe in Boxbrunn. Zwei große Touren in einem Privatautobus. Die erste durch den Spessart, Mespelbrunn, Rohrbrunn, in das unbeschreiblich schöne Wertheim. Gestern Rundfahrt durch den Odenwald, Vielbrunn (Erinnerst Du Dich?), Hainehaus (mit den Feme-Stühlen, die mir als Kind einen großen Eindruck machten), Michelstadt, Erbach, über Kalbach zurück.“

So berichtet Adorno in keineswegs sich dem Zitieren in der FAZ aufdrängenden Weise seiner Mutter.

„(Ich und Gretel) erholen uns mit aller Energie, bei völliger Abstinenz von Arbeit. Waren heute – mit Ausnahme der langen Mittagsruhe – den ganzen Tag im Freien, sehen beide schon anders aus.“

Wahnsinn! Da brat mir doch einer nen Storch! Der olle Adorno – einen ganzen Tag im Freien, und schon ist er erholt! Es haut einen schier um!

Müssen wir wirklich erfahren, dass sich das Ehepaar 1941 Adorno „kopfüber, mit vollen Zügen, in die Erholung“ stürzte? Dass zwischen 1942 und 1946 „naturgemäß“ Sense war mit Ferien (kann sein, dass da andere Dinge in Europa und sonstwo abgingen).
1947 schreibt Adorno über den Comer See:

„Es ist wunderschön hier, italienisch blau und unendlich friedlich.“

Oder über seinen 44. Geburtstag:

„Wir feiern…in dem Restaurant „Sportsman“ in Truckee, wo es richtiges Wild gibt, warten auf die Wildente, sind unendlich vergnügt.“

Noch viele, viele mehr dieser wahnsinnig unspannenden Zitate liessen sich aus diesem Artikel zitieren.

Ja, ja ich weiß, der Autor Lorenz Jäger wollte hier auf ironische Weise einen gewissen Kontrast zwischen Adornos in „Minima Moralia“ geäußerten Kampfansage an „bürgerliches Naturerleben“ und seinem eigenen (=Adornos)  Verhalten offenlegen. Leider ist Adornos Privatleben so unendlich gewöhnlich und langweilig (was ich ihm jetzt nicht vorwerfen will, man kann es dem Mann ja gönnen, mal auch am See auszuspannen), dass sich allein das Lesen darüber schon als Kraftprobe für zufallende Augenlider gestaltet.

Auf der Suche nach dem langweiligsten, im weitesten Sinne durch Adorno musikalischen Zeitungsartikel des Jahres 2010 haben wir also schon einen ersten „Contender“.
Habt ihr langweiligere Musikartikel, die ihr in die Runde werfen wollt? Der Wettbewerb ist hiermit eröffnet:

BIS ZUM 31. DEZEMBER WIRD DER LANGWEILIGSTE AUF NEUE MUSIK BEZIEHBARE ZEITUNGSARTIKEL GESUCHT! Belohnung: eine Flasche guter Absinth, einem unlangweiligen Getränk, von mir persönlich verschickt.

Moritz Eggert

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