zu schräg? bodenlos!

sagt mal: warum ist denn hier eigentlich noch niemand auf diesen
unsäglichen artikel eingegangen?

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http://www.zeit.de/2009/43/N-Musik-und-Hirn

oder habt ihr alle heimlich leserbriefe geschrieben? dieser bodenlose
quatsch darf doch so nicht stehen bleiben?

(hinweis von jan kopp! schickst du uns deinen leserbrief? ;-)

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Musikjournalist, Dramaturg

10 Antworten

  1. Zur Info: Rainer Nonnenmann greift das in der kommenden November-Ausgabe der nmz auf. Weitere Reaktionen sind natürlich hochwillkommen.

  2. mehrlicht sagt:

    bin „kurz“ darauf eingegangen, siehe hier

  3. Erik Janson sagt:

    Liebe Blogger, liebe „Neutöner“-Kollegen…

    Gut, dass es da erste Stellungnahmen zu dem pauschalen
    Artikel gibt.

    Habe den Zeit-Artikel eben überflogen und werde sehen zu reagieren, wenn es denn Sinn macht und ich die Zeit (ich meine die Zeit DAFÜR, nicht jene gleichnamige im Internet) finde. Wie mir scheint, ist letztere Zeitung „Zeit“ nicht mehr recht objektiv bzw. tw. parteiisch für Mainstream, Interessen-gesteuert von Kunstlobby-Kreisen etc. (nichts Neues, dass die seit jeher was konservativer ist, schon immer gerne vor allem gegen Donaueschingen polemisch gewettert hat und immer mal wieder übertrieben bis kabarettreif „vernichtende“ Rundumschläge gegen die „Neutöner“ und deren prominenteste Festival-Foren bringt (bzgl. der Hermetik tw. berechtigt, aber bzgl. der ewigen Klischees und Vorurteile a la „deren Experimente versteht sowieso keiner“… unberechtigt).

    Es ist ja nichts Neues, dass man heut zu Tage (im positiven Sinne, wenn man etwas legitimieren oder hochjubeln will, aber auch wenn man die angebliche „Überflüssigkeit“ von etwas pseudowissenschaftlich begründen will) dann gerne die Hirnforschung bemüht, so als könne man damit alles erklären.

    Ein typischs Phänomen eines spätkapitalistischen Wissenschaftspositivismus und eines fatal materialistisch dominierten Weltbildes.

    Aber was besagen eigentlich neurobiologische Thesen, selbst WENN sie in sich stimmen mögen bzw. teils verifizierbar sind, wo doch an vielem sehr zu zweifeln ist:

    Hier von mir mal – auf die Schnelle formuliert, zugegeben! – ein paar Anti-Thesen gegen die schlichten Kritiker-Erklärungsmuster: Neue Musik = „schräg“/“unverständlich“, also – weg damit/überflüssig..?

    Musik – ich denke GERADE „Neue Musik“ – ist MEHR als nur Hirnströme und Rezeptor-Zellen, Wahrnehmungsapparate in Form von Aktionspotentialen oder im Körper des Rezipienten „Nachweisbarem“ etc. Auch wenn es uns vielleicht andererseits immer wieder reizt, uns gerade auch mit Wahrnehmungspyschologischem, mit Grenzen etc. komponierend auseinander zu setzen. Musik entsteht eben nicht NUR im Gehirn (und allein im Gehirn des Rezipierenden schon gar nicht), sie ist ja gerade nicht 1:1 messbar, hat vermutlich mehr Unschärfen als alle anderen Künste.

    Auch wenn es richtig sein mag, wenn umgekehrt die Naturwissenschaft der Musikwissenschaft/Musikkritik
    des 20. Jh. vorwirft, dass diese sich zu wenig noch für Wahrnehmungspsychologie, Neurobiologie etc. interessierte.

    Aber 2.:
    Musik bleibt auch immer noch zu einem Wichtigen Teil Geist, fordert nicht nur den Körper, sondern AUCH den Intellekt heraus, richtet sich eben nicht allein nach Erklärbarem, Verstehbarem und „reiner Vernunft“ (übrigens auch U- und Popmusik etc., ob nun positiv oder aber als Möglichkeit des Sich-daran-Abarbeitens/ Kritisierens etc.).

    Nach meinen Erfahrungen sind gerade Kleinkinder etc. sehr
    offen für JEGLICHE Art von Neuer Musik, gerade auch jede Art von Dissonanzen, Fremdem, Neuen, Experimentellem, Entdeckendem…
    Wie ja im Zeit-Artikel auch wenigstens tw. andeutungsweise eingeräumt wurde.

    Nicht nur Komponisten-Kollegen oder Musiker, die mit Neuer Musik zu tun haben, werden das sicher bei ihren Kids zumindest signifikant bestätigen können.
    Obwohl man da natürlich von der Gegenseite Behaupten könnte: ne ne, zählt nicht, Kinder von Komponisten
    seien schon „verdorben“ und hörten ja schon immer jenes „schräge Zeug“ ihrer „Papis“ oder „Mamis“ und seien daran „gewöhnt“, also schon „versaut“…

    Aber damit würden sich die Kritiker Neuer Musik, die gerade den Sozialisationsfaktor auf der einen Seite ignorieren, dann selbst widersprechen und falsch liegen.
    Denn: solche Erfahrungen der Faszination und eben NICHT der Ablehnung macht man auch in Kindergärten, in der Grundschule, in Früherziehungsgruppen etc. mit Kindern, die noch nie Neue Musik hörten.
    Es bräuchte nur mehr ZEIT und Chance für die Neue Musik
    anstatt Ablehnung, womögliches Eindampfen von Förderungen, womöglich legitimiert

    Das Sich-Abwenden von „fremden Klängen“ von „Ungewohnterem“ etc. ist eine nicht unerhebliche Sache der Gesellschaft, der medialen Massenpräsenz von anderer Musik (eben dominierend der Musik des Gewohnten) bzw. kommt dann durch Prägung durch Peergroups, ab der Pubertät etc., durch Erwachsene und wenn die Kinder z.B. merken „die Oma findet das gar nicht gut, dass ich nun am
    Klavier Lachenmann übe … und sobald ich das „richtige“ „Hänschen klein“ spiele macht die Omama wieder die Küchentüre auf und sagt: „das ist aber schön“

    Also: wie mir scheint (beim Zeit-Atikel mal wieder signifikant): Hier wird allzu leicht der Sozialisation und andere Faktoren, die zu Problemen mit Neuer Musik führen/ zu Vorurteilen/ zu Ablehnungen etc.
    vernachlässigt bzw. Sozialisationsfaktoren werden auf einmal sogar unter den Teppich gekehrt und weichen Erklärungsmustern der Hirnforschung oder werden in einer Melange mit denselben präsentiert.

    Stattdessen wird so getan: „Wir können nun „beweisen“, warum Neue Musik schon immer „so schräg“ ist und warum die Massen sie nicht mögen etc.
    Und das ist es in der Tat, was jeden von uns maßlos ärgern müsste.

    Und – mal die Gegenfrage -: In wieviel Fällen wird denn bei der Neurobiologie, in der Hirnforschung und auch in anderen Naturwissenschafltichen Versuchsverfahren überhaupt sich die (selbst-)kritische Frage gestellt: Sind unsere Forschungsergebnisse eigentlich UNABHÄNGIG
    von sozialwissenschaftlichen/sozialen Faktoren, von Fragen der Sozialisation u.a. kritischen Faktoren?

    Das möchte ich gar nicht wissen, vermute aber, dass da noch sehr viel Nachholbedarf besteht.

    Seriöse naturwissenschaftliche Forschung, behaupte ich, die über Musik- und Kunstrezeption etwas erklärendes „Legitimierbares“ aussagen wollte bzw. der Akzeptanz von bestimmten Musik- Kunstrichtungen, die müsste zumindest
    sich eingestehen, dass sie Faktoren wie den der sozialen Prägung von Musikgeschmack nicht so ohne weiteres mit „messen“ oder in die Ergebnisse nur schwer mit Einfließen lassen kann. Und dass

    Und da fangen die Verwicklungen und Probleme an.
    Aber ob der Zeit-Kritiker überhaupt sich diese Fragen stellt

    Das Bemühen jedenfalls, neuerdings für alles Erklärungsmuster aus der Hirnforschung, Genforschung etc. heran zu ziehen und eine reine Bioethik auf zu bauen, welche die Kulur und Medien dominieren soll, ist ja momentan unheimlich in Mode, ob bei der medialen und kommerziellem Verkauf und Vorstellung neuer Wunder-Diäten bis hin zu oder dem Sich-Erklären, warum es immer mehr Fälle unerklärlich brutaler Gewalt oder Kriminalitäten gibt….

    Dafür wird eines Tages vermutlich auch die Hirnforschung geeingente und vermarktbare/ politisch „legitimierbare“ wirksame „Thesen“ erbringen und vielleicht auch dafür,
    warum es zur Finanzkrise und zu anderen Weltübeln kommen musste etc.

    Es ist eigenartig, in welcher „Angst“ bzw. Abneigung vor dem Fremden“ wir in der Musikwelt leben bzw. womit wir zusehends konfrontiert sind.

    Vielleicht, weil man vor (Neuer) Kunst die Augen wieder verschließen kann, die Ohren aber nicht…
    Bei einem

    Darum tut Musik in der Tat eine Art „Gewalt“ dem Körper an, bzw,. diese „Gewalt“ wird offenbar stärker empfunden als die nicht mindere bzw. tatsächliche Gewalt von Bildern, die auf uns immer schneller einströmen….

    Musik/Neue Musik fordert ein Sich-Einlassen ein, ruft nach Toleranz, Offenheit. Sobald die nicht da sind, wird Musik immer verletzlicher und angreifbarer sein als visuelle Kunst.

    Vielleicht auch hat es die (Neue) Musik schwerer, weil sie zusätzlich das Zeitwahrnehmungsproblem WÄHREND DER AUFFÜHRUNG zu bewältigen hat. Und weil sie ja zusätzlich – zum Glück – des Interpreten als Medium bedarf.

    Ich frage mich aber immer wieder: warum hört man das immer wieder und warum hört das eigentlich niemals auf
    in den Feiulletons?: Ein „L´art pour l´art“-Denken beim Schaffensprozess oder Dinge, die man fdann bei der Aufführung nicht DIREKT „Versteht“ ist bei den „Neuen Musik“-Schaffenden oder die sich so nennen immer gleich gesetzt mit „Ignoranz gegenüber den Rezipienten/der Masse/der Mehrheit“ oder es ist für einige Leute schlimmstenfalls eine Zumutung oder gar ein „Verbrechen“…

    In der bildenden Kunst wird es aber oft gleich im Feuilleton als Genialität verkauft. Und schon vergessen ist die Zeit, wo nicht nur Beuys „Fettecken“ etc. bei spießigen Bildungsbürgern bzw. quer durch die Schichten
    ebenso als „NICHT KUNST“ als „ekelhaft“ oder dergl. galten.

    ZUdem schließe ich mich im Wesentlichen den Äußerungen von Mehrlicht in seinem Blog (Linkverweis) an, was die Kritik an der Zeit bzw. diesem Artikel betrifft.

    Da setzen einige Leute immer noch Neue Musik mit Schönberg oder „Serialismus“ o.ä. gleich, obwohl wir natürlich längst woanders sind. Aber immer wieder wird
    gerne die „böse Zwölftonmusik“ aus der Kritiker-Mottenkiste geholt, diesmal halt garniert mit neuesten teils pseudowissenschaftlichen Thesen aus der „Hirnforschung“ o.ä.

    Überflüssig – in Fachkreisen zumindest – zu bemerken, dass ja gerade Webern, Schönberg etc. also den so verhassten „Zwölftönern“ es sehr um Fasslichkeit ging, dass sie keineswegs selbst „elitär“ sein oder „gegen ein Publikum“ komponieren WOLLTEN und dass die Reihe eigentlich seltenst reiner Fetisch war.

    Aber damit beschäftigt sich fatalerweise meist nur die Musikwissenschaft und davon auch nur Fachkreise, die Offenheit und selbst wieder ein Herz für Neue Musik mit bringen.

    Wäre da noch so was in die Wagschale zu werfen wie (auch
    auf den Verdacht, dass ich mich wiederhole):

    Schönheit/Gefallen oder die Chance, dass eine Musik jemals fesselt, sich in Zukunft durchsetzt oder vielleicht bleibt, das hat auch mit Erhabenem zu tun, mit Schrecken, mit Unerklärlichem, mit Entdeckung, mit „Chaotischem“ (Kant, Adorno-Tradition, Lachenmann, Ferneyhough etc. etc.).

    Meint, Erik Janson

  4. Leporello sagt:

    Hier die Replik von Jan Kopp auf den Zeit-Artikel:

    Der Artikel von Herrn Drösser bietet leider eine sachlich falsche Darstellung dessen, was Zwölftonkomposition ist. Daß Zwölftonreihen (so wie ehedem Themen oder Melodien) als ganzes wiedererkannt werden sollen, entspricht weder Schönbergs Intention noch der Art, wie Reihen in der Zweiten Wiener Schule oder später verwendet werden. Insofern ist es schlicht Unsinn, aus ihrer Wiedererkennbarkeit ein Kriterium für die Sinnhaftigkeit dieser Musik zu machen. Man würde sich bei denen, die in dem Artikel als Experten auftreten, durchaus etwas mehr Sachkenntnis wünschen.

    Befremdlich ist in diesem Zusammenhang nicht zuletzt das Zitat von Herrn Altenmüller: „Ich kriege auch eine Gänsehaut, wenn ich eine (Zwölfton-) Serie wiedererkenne.“ Dazu sei gesagt, daß Herr Atenmüller Neurologe ist, der auf dem Gebiet der Musikwahrnehmung forscht, und nicht Musikwissenschaftler. In seiner Äußerung kommt eine Naivität den ästhetischen und kompositorischen Sachverhalten gegenüber zum Ausdruck, die mir auch bei anderen Neurowissenschaftlern immer wieder auffällt: Man reduziert das, was was man als musikalische Wahrnehmung untersucht, auf das, was man messen kann (z.B. Tonwahrnehmung). Einer Musik, die z.B. gar nicht mit Tönen arbeitet, sondern mit Klängen, steht man damit von vornherein hilflos gegenüber. Weil man aber Positivist ist, zweifelt man nicht an seinem Forschungsansatz, sondern erklärt das Phänomen für mangelhaft.

    Was in dem Artikel von Herrn Drösser leider überhaupt nicht zur Sprache kommt: daß es neben dem reinen Hören (ob mit oder ohne Ansicht der Musiker) auch das eigene, aktive Musizieren als Form der Rezeption gibt. Die Praxis zeigt, daß ein Verständnis auch zeitgenössischer Musik sich wesentlich leichter einstellt, wenn sie gerade nicht nur gehört, sondern praktisch ausgeführt wird. Hierüber vermisse ich nach wie vor eine breite Diskussion, die über den rein pädagogischen Bereich hinausgeht.

    Die Forschung, die Herr Drösser zitiert, verengt dagegen die Wahrnehmung von Musik auf genau jenes reine Hören, das man an anderer Stelle Adorno immer wieder vorwirft. Wenn man aus diesem Zirkel ausbrechen wollte, müßte man sich allerdings etwas differenzierter mit Adorno auseinandersetzen, anstatt ihn vorschnell zur unliebsamen Altlast zu erklären. Dann würde man auch merken, daß Adorno zu den schärfsten Kritikern Schönbergs gehört und den Unterschied zwischen einer traditionellen Melodie und einer Zwölftonreihe für das hörende Verstehen von Musik bereits sehr genau beschrieben hat.

    Vielleicht bliebe es uns dann auch erspart, Äußerungen wie die von Herrn Altenmüller als Expertenmeinung präsentiert zu bekommen.

    Sachlich falsch ist auch der Vergleich mit einer zwölfstelligen Telefonnummer, mit dem Herr Drösser die Transposition einer Zwölftonreihe auf eine andere Tonstufe veranschaulichen will. Denn bei einer Zwölftonreihe sind nicht die absoluten Tonhöhen charakteristisch, sondern die Intervalle dazwischen. (Schönberg selbst sprach von „zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen“ – also deren Intervallabständen.) Und die Intervalle ändern sich bei der Transposition einer Zwölftonreihe genauso wenig wie bei jeder anderen Tonfolge, z.B. einer gewöhnlichen Liedmelodie. (Weshalb man eine solche problemlos auf jeder anderen Tonstufe nachsingen kann.) Daß die Transposition einer Reihe schwerer wiederzuerkennen sein soll als ihre Grundgestalt, ist daher ebenso Unsinn wie der Vergleich mit der Telefonnummer.

    Mit dem Vergleich offenbart Herr Drösser dankenswerter Weise neben seiner Unkenntnis auch gleich sein Vorurteil gegenüber der Zwölftontechnik: Weil die ja bekanntermaßen so wahnsinnig konstruiert und unsinnlich ist, gelten hier selbst bei einem einfachen Phänomen wie der Transposition andere Gesetze. So ungefähr kommt vermutlich auch Herr Altenmüller zu seinen Forschungsansätzen – deren Ergebnisse dann wundersamer Weise genau diese Vorurteile bestätigen.

    Man wünschte sich wirklich, hier würde etwas mehr vom kritisch-dialektischen Geist Adornos walten.

  5. Erik Janson sagt:

    Bravo, Leporello bzw. Jan Kop für diesen tollen Replik-Beitrag auf den Zeit-Artikel!

    Das bestätigt, aus anderem Blickwinkel, die Voreingenommenheit oder aber mangelnde Differenzierung und Sachkenntnis, mit denen sich offenbar einige Neurowissenschaftler dem „Problem“ Musikwahrnehmung (speziell angeblicher „Wahrnehmungsprobleme“ bei Neuer Musik) zu wenden.

    Dem Fremden, Experimentellen gegenüber bzw. dem
    NIcht-Messbaren gegenüber ist man relativ machtlos.
    Sicher nicht nur was die Frage nach Messbarkeiten betrifft.

    Eben darum müssen Soziologie, Musikpädagogik, Ästhetik etc. allesamt mit berücksichtigt werden und es muss z.B. VOR neurowissenschaftlichen Untersuchungen zur Musikwahrnehmung erhoben/ bei der anschl. Auswertung differenziert werden:

    WER sind die Versuchspersonen, mit denen man zu den enspr. „Ergebnissen“ kommt? (soziale Schicht, bereits vorliegende musikalische Vorlieben/Abneigungen vor dem Experiment, Alter, Bildungsstand etc. pepe).
    Ohne solche Differenzierungen: keine Validität.
    Validitäten und Überprüfbarkeiten aber wären hier Grundvoraussetzungen für die Seriosität und Glaubwürdigkeit solcher.

    Diese wird leider allmählich in unserem Zeitalter immer weniger hinterfragt. Bzw. der Naturwissenschaft glauben Medien allzugern (tendenziell)fast alles bzw. machen damit allzugern schnell „Schlagzeilen“.

    Man mache z.B. nur mal entspr. Untersuchtungen zur (Neue)Musikwahrnehmung mit Komponisten oder Neue Musik-Hörern, diese würde sicherlich anders ausfallen.

    Also: Worauf wartet Ihr Neurobiologen im Bereich der Musikwahrnehmung? Kommt demnächst alle nach Donaueschingen und verkabelt dort das Publikum,
    ebenso wie die dort anwesenden Musikjournalisten…

    Ich warte nun schon auf Neurologen, die im Bereich der visuellen Wahrnehmung für unsere Nerven-Autobahnen nachweisen wollen, dass etwa z.B.: naturalistische oder naive Malerei auf ein Kleinkind beruhigend wirkt/ Allgags-gestressteErwachsene befriede… etc. während abstrakte Malerei oder „hässliche“ Fettecken Stressymptome und Herzrasen oder ein erhöhtes Schlaganfallrisiko hervorrufen oder das Kleinkind zu Schreikrämpfen veranlasse… (ergo für unsere „funkionierende“ Gesellschaft „nutzlos“ seien…).

  6. Ich wollte darüber eigentlich auch bald schreiben. Bei allem Quatsch der in dem Artikel steht (das Unsäglichste ist die Darstellung von 12-Ton-Musik als gültigem modernen Stil – was ist mit den tausend anderen Musikrichtungen der Moderne, die zum Teil durchaus in der Lage sind ein großes Publikum zu begeistern, z.B. Minimal Music?) – es ist nicht NUR Quatsch. Vielmehr: Wenn unsere einzige Antwort darin besteht, den Wissensstand solcher Autoren herunterzureden, machen wir einen großen Fehler, denn dieser Artikel gibt durchaus ein Gefühl der meisten „Laien“ wieder, das sie bei Neuer Musik bekommen.
    Will sagen: Unsere Antworten müssen BESSER sein, und neugieriger machen. Ich finde es ist eine Herausforderung für uns alle, auf solche Artikel eloquent und nicht herablassend oder beleidigt zu reagieren.

  7. mehrlicht sagt:

    …wobei @Moritz: die verschiedenen Repliken enthaltn doch schon einiges an sachlichen Richtigstellungen und Ansätze, Drössers Darstellung zu erweitern. Die Begegnung mit dem Ungewohnten und Neuen sollte umgekehrt keine Legitimation für solche Artikel sein. Es würde ja auch niemand in diesem Verlagshaus auf die Idee kommen, Cy Twomblys „Kritzeleien“ aufgrund von kindlichem Unverständnis anzuprangern. Bei Schönberg & Co. scheint die Hemmschwelle allerdings geringer. Das finde ich schon merkwürdig.

  8. peh sagt:

    @moritz. gebe dir vollkommen recht: unsere antworten müssen intelligent sein. werde mich dieser demnächst noch widmen. aber: wenn wir nur ein bruchteil unserer 80% ungenutzter hirnkapazität nutzen, sollte das nicht schwerfallen, diesen positivismus, der leider in allzu vielen gesellschafts- und wissenschaftspolitischen ebenen vertreten ist, vielleicht gar mit den eigenen waffen zu schlagen.

    dass der mensch nicht anders kann, als zusammenhänge zu stiften, ist sicher eine richtige erkenntnis, die in diesem artikel eingang gefunden hat. was aber aus der kenntnis des ortes eines elektrischen funkens in den zerebralen netzen über die wahrnehmung von kunst zu sagen vermag, kann gar nicht skeptisch genug beäugt werden. über die aussagen von kants kritik der urteilskraft kommt die wissenschaft damit nämlich nicht hinaus. im gegenteil. leider fällt sie meist dahinter zurück.

    die populistische tendenz, die aus dem feuilleton der zeit – wie aus anderen auch – einen kritischen diskurs längst verbannt hat und jenseits von opernpremieren, künstlerhomestories und popjournalismus jede form der musikalischen berichterstattung verweigert, kann man nicht laut genug anprangern.

  9. eggy sagt:

    @Mehrlicht:
    Du hast Recht – natürlich wurden hier schon sehr gute Antworten gegeben. Die“gesunkene“ Hemmschwelle für solche Artikel (ähnliche Texte wie der ZEIT-Text erscheinen momentan überall) ist eben doch bemerkenswert. Das erinnert mich an die spiessige moderne-Kunst-Kritik die so in den 70er Jahren aufkam und deren Protagonist z.B. ein Ephraim Kishon war.
    Die moderne Kunst hat’s überlebt…

  10. peh sagt:

    @eggy: alessandro baricco ist in diesem sinne der ephraim kishon der neuen musik… Kurzmeditation über Bariccos „Hegels Seele oder die Kühe von Wisconsin“

    Und hier aufgespießt von Frau Büning in ihrer Rezension vom 30.11.99:
    „Aufgehängt an jenem berühmten didaktischen Aufsatz Anton Weberns über den „Weg zur Neuen Musik“ (1932), stellt Baricco die überraschende Gegenthese auf, Neue Musik sei prinzipiell nicht lehr- und lernbar, weil wider die menschliche Natur. Er behauptet: Die Dur-Moll-Tonalität basiert auf „unabänderlichen physiologischen Gegebenheiten“. Zunächst wird dazu wieder die seit bald hundert Jahren widerlegte These bemüht, die Tonalität legitimiere sich ganz natürlich aus der Obertonreihe. Anschließend referiert Baricco, ohne freilich seine Quelle zu nennen, über die von Ernest Ansermet gegen die atonale und die Zwölftonmusik ins Feld geführten hörpsychologischen Kategorien von Spannung und Entspannung, Erwartung und Erwiderung. Es ist gewiss etwas Wahres daran, dass Musikverständnis auf Wiederholung von Bekanntem basiert und dass der Mensch im Allgemeinen vor allem das liebt, was er schon kennt oder zu kennen glaubt. Fremdes wird ausgegrenzt. Daraus zu schließen, dass etwas (noch) nicht Bekanntes und die Wiederholung prinzipiell Negierendes wie die Neue Musik grundsätzlich gegen die menschliche Natur verstoße, ist gar zu kurz und zu dumm gedacht. Baricco vergisst sogar das kultivierte Formulieren und höhnt in hölzernen Sätzen: „Glaubt irgendjemand wirklich, dass das nur eine Frage der Gewöhnung, der Zeit oder der kulturellen Bildung ist?“ Er unterschlägt dabei geflissentlich, dass Zwölftonopern wie Schönbergs „Moses und Aron“ seit einigen Jahren die großen Bühnen erobern und Alban Bergs „Lulu“ oder „Wozzeck“, vor sechzig Jahren noch zur „entarteten Musik“ gerechnet, längst fest zum Repertoire gehören.“